Grabungsbericht Saison 2020 - Kahlenberg bei Breitfurt im Saarland

Forschungsprojekt am Kahlenberg

Erste Ergebnisse der Kampagne 2020 mit Freiwilligenbeteiligung

Der Startschuss zu unserem ersten Grabungsprojekt in Deutschland erfolgte bereits im Sommer 2019, als wir zum ersten Mal mit dem Archäologen Michael Ecker vom Kulturpark Bliesbruck-Reinheim über ein gemeinsames Projekt im Saarland sprachen. Nachdem im römischen Vicus von Reinheim seit mehreren Jahren die Wochenend-Initiative „Archäologie zum Mitmachen“ stattfindet, konnte Michael bereits mehr als ausreichend Erfahrung in der Arbeit mit freiwilligen Teilnehmern machen – beste Voraussetzungen! Eine Einigung zu einem gemeinsamen Versuchsprojekt war schnell gefunden.


Der Anstoß solch ein Projekt im Saarland zu starten, kam von der Abteilungsleiterin des Saarländischen Ministeriums für Bildung und Kultur, Dr. Eva Backes-Miller, die bereits mehrmals mit Erlebnis Archäologie auf anderen Grabungen mitgeholfen hat. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich für die Initiative bedanken und hoffen, noch viele Jahre gemeinsam im Saarland forschen zu dürfen. Unser Dank geht auch an den Leiter des Saarländischen Landesdenkmalamtes, Dr. Georg Breitner und Dr. Constanze Höpken vom Regionalamt für Bodendenkmalpflege Saarbrücken und Saarpfalz-Kreis, die unser Vorhaben von Beginn an unterstützten und von einer Fortführung über die nächsten Jahre überzeugt sind.

Der Sandsteinquader nach der ersten Freilegung 2014. (Europ. Kulturpark Bliesbruck-Reinheim)
Der Sandsteinquader nach der ersten Freilegung 2014. (Europ. Kulturpark Bliesbruck-Reinheim)

Ziel des neuen Projektes wurde die Erforschung von römischen Spuren am höchsten Punkt des Kahlenberges bei Breitfurt. Der Archäologe Dr. Andreas Stinsky entdeckte hier im Jahr 2014 einen etwa 1,5 x 1,5 m großen Sandsteinquader, der typisch für römische Säulenfundamente ist, wie man sie beispielsweise im nahegelegenen Museum Schwarzacker sehen kann. Für eine normale Siedlung wäre der Ort am Kahlenberg äußerst ungeeignet, doch die weitreichende Aussicht machte eine Nutzung als Wachposten oder auch als Heiligtum denkbar. Nur wenige hundert Meter entfernt findet man noch zahlreiche Hügelgräber der Hallstatt- und Latènezeit sowie des frühen Mittelalters, was wiederum die Nutzung als Ritualort denkbar erscheinen lässt.

Ausblick vom Kahlenberg mit Besuchern.
Ausblick vom Kahlenberg mitsamt Besuchern.

Das untersuchte Areal liegt heute in einem Naturschutzgebiet, wodurch bei der Ausgrabung strenge Vorlagen zu beachten waren, um deren Einhaltung alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen äußerst bemüht waren. Die sanfthügelige Landschaft und die schönen Wälder ziehen an Wochenenden Wanderer und Erholungssuchende an, die die gut ausgeschilderten Wege durch den Naturpark nutzen. Gemeinsam mit dem neuzeitlichen Baudenkmal Alexanderturm wäre eine Nachnutzung des Grabungsareals als kleines Freilichtmuseum ein großer Gewinn für den Tagestourismus im Saar-Pfalz-Kreis.

Im digitalen Geländemodell des Kahlenbergs lassen sich rund um den 2016 entdeckten Sandsteinquader weitere auffällige Strukturen beobachten, die 2020 mit ersten kleinflächigen Sondagen angeschnitten werden sollten 

Ausgrabung Saarland
Digitales Geländemodell vom Kahlenberg. Die untersuchten Strukturen sind im rechten Bild markiert.

Die Maßnahme im Überblick:

Struktur 1 (Rote Markierung) ist im Laserscan als etwa 40x40 m große, rechteckige Struktur wahrnehmbar, deren nördliche Außenkante im Gelände noch gut erkennbar ist. Innerhalb liegt eine weitere, kleinere rechteckige Gebäudestruktur, welcher dem 2016 entdeckten Sandsteinquader (SE27) zugehörig ist. Aufgrund des Bewuchses mit jungen Bäumen ist keine Struktur im Gelände mit freiem Auge sichtbar. Rund um den Steinquader wurde Schnitt 1 mit einer Größe von 4 x 4 Metern angelegt.

 

Struktur 2 (Blaue Markierung) ist ein vom Wanderweg sehr gut sichtbarer Hügel, der von Walter Reinhard als Hügelgrab interpretiert und publiziert wurde. Im Laserscan zeigt sich jedoch eine klare rechteckige Form mit einer großen zentralen Senke. Die an der Oberfläche in geordneter Lage sichtbaren Bruchsteine machten die erste Interpretation als Mauerzug sehr wahrscheinlich. Schnitt 2 wurde an dieser Stelle Nord-Süd verlaufend mit einer Seitenlänge von 4 x 2 Metern angelegt.

 

 

Struktur 3 (Rosa Markierung) ist eine im Gelände sehr gut erkennbare Depression mit einer ungefähren Ausdehnung von 20 x 20 Metern, die temporär oder auch ganzjährig mit Wasser gefüllt oder zumindest sumpfig ist. Der Sommer 2020 war jedoch überdurchschnittlich trocken, weshalb kein Wasser vorhanden war. Derartige Wasserstellen, auch Mardellen genannt, sind in der Umgebung zahlreich bekannt und zumeist anthropogenen Ursprungs. Im Zusammenhang mit Struktur 1 und 2 ist es von großem Interesse, ob deren Lage an einer möglichen Wasser- und Lehmentnahmestelle zufällig ist. Schnitt 3, nach einer Erweiterung Richtung Osten, wurde in der Mitte der Senke L-Förmig mit einer Seitenlänge von 4 x 2 Metern angelegt.

 

Zu Grabungsbeginn am Montag, den 24. August 2020 setzte sich das Team für die nächsten drei Wochen aus insgesamt 29 KursteilnehmerInnen unter der Grabungsleitung von Michael Ecker MA (Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim) und der örtlichen Leitung durch Anita Soós BA (Verein Erlebnis Archäologie) und Klaus Schindl BA (Verein Erlebnis Archäologie) zusammen. Für die Einrichtung der lokalen Messpunkte und die regelmäßige Vermessung sowie Erstellung von photogrammetrischen Aufnahmen war Michel Frenzel vom französischen Team des europäischen Kulturparks Bliesbruck-Reinheim zuständig.


Die Ausgrabung wurde mittels stratigraphischer Methode nach E. Harris durchgeführt. Die Dokumentation setzt sich zusammen aus schriftlicher Erfassung der stratigraphischen Einheiten, digitalen Schrägaufnahmen der Schnitte, Befunde und Stratigraphischen Einheiten, digitalen orthorektifizierten Schrägaufnahmen der stratigraphischen Einheiten und Dokumentationsoberflächen sowie zusätzlich der Erstellung digitaler orthorektifizierter Pläne und dreidimensionaler Modelle mittels Image-Based-Modelling. Letztere Methode diente als Grundlage zur Erstellung der Pläne und Umzeichnungen (Erstellt von K. Schindl, sofern nicht anders vermerkt) mit einer durchschnittlichen Ungenauigkeit von rund einem Zentimeter. Die Vermessung erfolgte mittels digitaler Totalstation im Koordinatenreferenzsystem DHDN/ 3-degree Gauss-Kruger zone 2 (EPSG : 31466), für die wir Michel Frenzel ganz herzlich danken.

 

 

Das Ausstecken der Schnitte erfolgte kurzerhand mit Schnur, Nagel und Maßband. Bevor der Abtrag der obersten Laub- und Humusschicht beginnen konnte, wurden junge Bäume ausgegraben und weiterverpflanzt.

 

Schnitt 1

Nach dem Abtrag der obersten Erdschicht (SE1), die nur vereinzelte Dachziegelfragmente enthielt und hauptsächlich aus verwittertem organischem Material bestand, traten auf der gesamten Fläche von 4 x 4 Meter stark verwitterte und zerbrochene Dachziegel in einer Tiefe von 12 bis max. 20 cm auf. Bis zur flächigen Freilegung derselben (SE7) wurden fast exakt 2 m³ Erdmaterial abgetragen.

Die erste ungestörte anthropogene Schicht SE7 setzte sich weitgehend aus kleinerem Ziegelbruch (5 – max. 25 cm) zusammen. Vereinzelt fanden sich Sandsteinbrocken und Bruchsteine aus Kalk. Die im Plan erkennbaren großen Steine sind bereits den darunterliegenden Schichten zugehörig.

 

 

Wie sich beim Abtragen von SE7 (rund 0,1 m³ Volumen) herausstellte, handelt es sich um die Deckschicht einer weitaus mächtigeren Dachziegellage. Die Zusammensetzung aus hauptsächlich kleinen Ziegelfragmenten lässt darauf schließen, dass die Oberfläche längere Zeit der Verwitterung durch Wind und Wetter sowie eventuell wiederholter Begehung durch Mensch und Tier ausgesetzt war.


Die Unterscheidung von SE7 zur darunterliegenden SE11 erfolgte in erster Linie durch das Freilegen einer fast auf der gesamten Schnittfläche auftretenden Lage großer Ziegelfragmente (15 – 35 cm), obwohl beide Schichten vermutlich zeitgleich entstanden sind und anschließend nur die obersten Zentimeter durch Erosion weiter zerkleinert wurden. Wie sich in weiterer Folge herausstellen sollte, handelt es sich bei den im Plan eingezeichneten Bruchsteinen um die Überreste einer Richtung Süden abgerutschten Steinsetzung (SE29), was jedoch erst im Zuge des Abtragens von SE11 erkannt werden konnte. Diese lag ursprünglich vermutlich auf der Steinsetzung SE28, die aus größeren Platten bestand.

 

Nach dem vollständigen Abtrag von SE11 (rund 1,1 m³ Volumen) zeigten sich drei als Mauerreste interpretierbare Befunde (SE22, SE28 und SE34), die sich beim Sandsteinquader (SE27) treffen. SE22 war lediglich in Form einiger weniger Kalkbruchsteine erhalten, weshalb mit nur wenig Sicherheit von einer Mauer ausgegangen werden kann. Diesen Befunden folgend, kann zumindest behauptet werden, dass sich die Außenseite des Gebäudes östlich vom Sandsteinquader SE27 befindet und mit weiteren Innenteilen im Westen, Süden und Norden zu rechnen wäre.
Vermehrt auftretende Keramikfragmente, die stets flach liegend aufgefunden wurden, sowie die Reste einer Sandale, von der nur noch die Nägel geborgen werden konnten, ermöglichen die Interpretation eines Begehungshorizontes (IF14 und IF15). Im Vergleich zum darüberliegen, stärker organisch durchsetzten Erdmaterial von SE11, waren SE16 und SE17 wesentlich härter, kompakter und hatten einen hohen Anteil von gelblichem Lehm. Einschlüsse größerer Mengen von Steinsplittern nicht lokal anstehenden Materials deuten auf Reste von Steinbearbeitung hin, möglicherweise aus dem Zeitpunkt der Errichtung, als das grob bearbeitete angelieferte Steinmaterial für den endgültigen Einbau nachbearbeitet wurde. Wohlgemerkt fanden sich in keiner der darüberliegenden Schichten Baumaterialien aus diesen ortsfremden Gesteinen, sondern lediglich Kalk- und Sandstein. Es ist also entweder von einer Neuerrichtung mit lokal anstehendem Material oder intensivem Steinraub auszugehen.


Auffällig ist die geringe Menge von Steinmaterial unterhalb von SE7 und auch innerhalb von SE11, was für eine Errichtung des Gebäudes zu weiten Teilen aus Holz spricht; ebenso wie das wohl zur Gänze fehlende Mauerfundament, was jedoch erst bestätigt werden muss. Steinraub ist nicht auszuschließen, wofür die starke Vermischung von Dachziegel- und Kalksteinbrocken in SE11 ein Hinweis sein könnte.


In der nächsten Grabungskampagne gilt es zu untersuchen, ob unter den Steinplatten der vermutlichen Mauerzüge (SE22, SE28 und SE34) weitere Lagen vorhanden sind und wie tief der Sandsteinquader (SE27) in den Boden reicht.

 

Schnitt 2

Um zu überprüfen, ob es sich bei Struktur 2 (Abb. X) tatsächlich um die Reste eines rechteckigen Gebäudes handelt, wurde von der Mitte der Senke ein 4x2 Meter großer Schnitt Richtung Süden angelegt. Beim Abtragen der obersten Humus- bzw. Waldbodenschicht (SE3) waren bereits einige Bruchsteine erkennbar, die sich nach nur wenigen Minuten Freilegungstätigkeit als zweischalige Trockenmauer herausstellten (SE5). Nördlich und Südlich an die Mauer anschließend erstreckte sich über die gesamte Schnittfläche der zugehörige Mauerversturz (SE4 und SE6), der aus Kalkbruchsteinen mit einer mittleren Größe von 20 cm bestand, dem Material der Mauerfüllung gleicht und innerhalb von Schnitt 2 ein Volumen von rund 0,45 m³ ausmachte.

 

Die darunterliegenden Schichten SE8 und SE9 wurden aufgrund der Größe der Bruchsteine als getrennte stratigraphischen Einheiten definiert. Während SE4 und SE6 eher der einstigen Verfüllung der Mauerschalen entsprechen könnte, würde sich bei den größeren Bruchsteinen von SE8 und SE9 eine Interpretation als verstürzte Mauerschalen anbieten, die nach dem Verfall der Dachkonstruktion jeweils nach Norden bzw. Süden kollabiert sind, wenn auch dabei stark vermischt und somit nicht eindeutig abgrenzbar.

 

Das Gesamtvolumen von SE8 und SE9 umfasste rund 1,55 m³ und ließ sich gut von den jeweils darunterliegenden Schichten (SE13, SE12 und SE21) unterscheiden. SE13 bildete eine Ebene aus mehreren großen plattenartigen Kalksteinen (Zwischenräume verfüllt mit Ziegelbruch und sandig-lehmigem Füllmaterial SE12 mit Mörteleinschlüssen) und ist als möglicher Begehungshorizont (IF30, 10-15 cm unter Humusoberkante) einer zweiten Bauphase anzusehen, der zeitgleich mit der Ausbesserung der zweischaligen Mauer (SE5) anzusehen ist. 

 

An der Nordseite, im vermutlichen Innenraum des Gebäudes, wurden derartige Steinplatten nicht angetroffen. Direkt unter dem Versturz (SE9) trat eine homogene Schicht (SE21) aus gelbem Lehm zutage, auf welcher das einzige Fundobjekt von Schnitt 2 lag – ein Balkennagel. Ob es sich bei dieser Lehmschicht um einen Fußboden bzw. Begehungshorizont (IF20, ca. 60 cm unter Humusoberkante) handelt, muss in weiteren Grabungskampagnen untersucht werden.

 

Südlich der Mauer kam unterhalb der großen Steinplatten (SE13) ebenfalls eine homogene gelbliche Lehmschicht (SE19) zutage, die mit der untersten Steinreihe der Mauer (SE31) zeitgleich gesetzt werden kann. Die unterste Lage der Mauer weist einen Vorsprung von rund 5 cm auf, der nur im südlichen Teil nachgewiesen werden konnte. Reste von Kalkmörtel waren in einer dünnen Schicht (SE24) noch deutlich erkennbar und erstreckten sich sowohl über die unterste Steinlage der Mauer, als auch über die im Süden anschließende Lehmschicht (SE19), was diese zum Begehungshorizont (IF25, 40-50 cm unter Humusoberkante) zum Zeitpunkt der Errichtung der Mauer wahrscheinlich macht, sofern es sich nicht nur um Ausbesserungsarbeiten am Mauerwerk handelt. Unklar ist der Niveauunterschied zwischen den jeweilig (vermutlich) untersten Begehungshorizonten im Norden (vermutl. Innenraum) bzw. Süden der Mauer von bis zu 20 cm.

Schnitt 3

Schnitt 3 wurde an der tiefsten Stelle einer rund 20x20 Meter großen klar im Gelände sichtbaren Vertiefung angelegt, die sich vom natürlichen Gelände ein bis zwei Meter absetzt. In Jahren mit normalen Niederschlagsmengen steht hier auch während der Sommermonate Wasser (bitte korrigieren oder ergänzen). In der nebenliegenden Gemeinde Böckweiler wurde eine sogenannte Mardelle archäologisch untersucht und der anthropogene Ursprung derselben bestätigt. Ob es sich bei der untersuchten Struktur ebenso um einen Mardell handelt, konnte in der Grabungskampagne 2020 nicht bestätigt werden. Die bis zum Abschluss der Grabung vorhandene Befundsituation ist vollkommen unklar. Auffällig ist ein vermehrtes Auftreten von Gebrauchs- und Feinkeramik innerhalb einer außergewöhnlich dichten, fetten und homogenen Schicht von blaugrauem Lehm, der wohl als Verwitterungsprodukt in die Geländesenke eingeflossen ist.

 

 

Der Abtrag der obersten Erdschicht wurde durch die torfartige Konsistenz und die außergewöhnliche Trockenheit erheblich erschwert. Mehr oder weniger nahtlos ging die torfige Schicht in eine kompakte, sehr harte humos-lehmige Schicht (SE2) über, die in ihrer Konsistenz bis zum Erreichen einer flächendeckenden Schicht (SE10) aus Kalkbruchsteinen, Sandstein und Dachziegelfragmenten gleich blieb, lediglich die farbliche Zusammensetzung änderte sich nach unten hin immer weiter zu einem rostbraunen Farbton, der dadurch erklärt werden kann, dass in weniger trockenen Jahren an dieser Stelle stets hohe Bodenfeuchte das Ablagern von Eisenoxid ermöglicht. Die höchste Stelle von SE10 lag rund 30 cm unter der Humusoberkante und verlief mit einem klar erkennbaren, gleichmäßigen leichten Gefälle Richtung Osten. Etwa in der Mitte von Schnitt 3 wurde bei der Freilegung eine Anhäufung von Dachziegeln und teilweise aufrechtstehenden Kalksteinplatten als separate Schicht definiert (SE33). Nach dem Abtragen letzterer bildete sich eine grob N-S verlaufende, etwa 20 cm hohe Geländestufe heraus, die Richtung Osten abfällt. Im Zuge der Freilegung wurde ersichtlich, dass im östlichen Teil des Schnittes auf SE10 die weiter oben erwähnte, extrem kompakte Schicht aus blaugrauem Lehm in einer durchschnittlichen Tiefe von 60 cm lag. Auffällig viel Fundmaterial, darunter mehrere Stücke Terra Sigillata, führte zum Entschluss, den Schnitt Richtung Osten in einer Länge von 3x1 Meter zu erweitern. Die Arbeiten gingen nur sehr langsam voran, da im kompakten Lehm selbst mit der Spitzhacke nur geringer Fortschritt möglich war. Ohne SE35 in ihrer gesamten Ausdehnung bestimmen zu können, mussten die Arbeiten am Ende der dritten Woche für das Jahr 2020 eingestellt werden. 

 

Luftbild der Umgebung des Kahlenberg. Grabungsareal rot eingezeichnet.
Luftbild der Umgebung des Kahlenberg. Grabungsareal rot eingezeichnet.

Zusammenfassung

Am Ende der ersten Grabungssaison 2020 kann ein sehr zufriedenstellendes Fazit gezogen werden. An erster Stelle danken wir herzlich allen freiwilligen Mitarbeitern für ihre stetige Begeisterung für das Thema, auch wenn die Arbeit in den jeweiligen Grabungsschnitten nicht immer einfach und vor allem oft körperlich anstrengend war. Es muss ganz klar betont werden, dass die Durchführung dieses Grabungsprojektes ohne die Hilfe unserer Teilnehmer nicht möglich gewesen wäre.

Durch die Maßnahme konnte bestätigt werden, dass es sich um Reste römischer Gebäude und Strukturen im Umfeld dieser handelt, deren Nutzungszeit hauptsächlich ins 2. und 3. Jhdt. n. Chr. fällt.
Zumindest zwei Gebäude konnten festgestellt werden, die jedoch in Ihrer Bauweise zur Gänze unterschiedlich sind. Auffällig ist jedoch, dass die Mauer aus Schnitt 2, wenn man sie in ihrem Verlauf nach Osten verlängert, exakt auf den Sandsteinquader in Schnitt 1 trifft. Ob es sich um einen Zufall handelt, kann im Moment nicht widerlegt werden.


Der Errichtungszweck der Gebäude aus Schnitt 1 und Schnitt 2 ist zu diesem Zeitpunkt nicht geklärt. Die fast vollkommene Fundleere von Schnitt 2 im Vergleich zu Schnitt 1, wo sich eine Vielzahl von Keramik- und Eisenartefakten fanden, sollte jedenfalls betont werden.
Wenig Klarheit herrscht im Bezug auf die Befundsituation in Schnitt 3, der sogenannten Mardelle. Aufgrund der Beschaffenheit des Bodenmaterials ist jedoch davon auszugehen, dass während der Nutzungszeit, aus welcher die derzeitigen Funde stammen, das Areal regelmäßig unter Wasser stand, wodurch es zur Bildung der Lehmablagerungen kam. In welchem Zusammenhang die Gebäude mit dieser Mardelle, die wohl vorsichtig als Wasserentnahmestelle gedeutet werden kann, stehen und ob es sich um Sakral- oder Profanbauten handelt, erfordert noch weitere Untersuchungen.

 

 

Herzlichen Dank!

Unser Dank gebührt all jenen, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben, an diesem Pilotprojekt während ihrer Freizeit teilzunehmen. Wir hoffen, dass euch die Grabung in bester Erinnerung bleibt und wir freuen uns auf ein Wiedersehen!

 

Anita, Michael und Klaus

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Ariane (Freitag, 09 April 2021 16:01)

    Schön war's. Super Team. Betreuung große Klasse. Haben uns extrem wohlgefühlt! Vielen Dank an alle.

  • #2

    Stef (Freitag, 09 April 2021 22:29)

    Es war spannend und lustig! Danke für die Orga. Cool, etwas zum Kontext „meiner“ Mauer zu lesen. Viel Erfolg bei der nächsten Grabungseinheit!

  • #3

    Mag. Eva Fries (Sonntag, 25 Juli 2021 15:56)

    Liebe Anita - lieber Klaus!

    Habe mit Freude nochmal den Grabungsbericht über Rheinheim 2020 gelesen - erhöht meine Vorfreude mächtig!
    Da ich wohl alleine mit dem Zug anreise (oder kommt noch jemand aus Wien zur Woche Nr. 2?) wollte ich Anita fragen: weißt/erinnerst Du dich noch , wie letztes Jahr die Zugs- und Busverbindung war? Irgendwie über Frankfurt - zuletzt mit dem Bus....
    Ich krame mal in meine alten Unterlagen. Falls jemand mit dem Auto hinfahren würde (Z,b. ) aus Linz oder so könnte ich mich eventuell dort anschließen.
    Bitte um eure Unterstützung - danke!

    Und die Signal-chat-Verbindung macht einen auch sehr froh - besonders im Alltag, wenn Grabungsfotos hereinschneien.

    Bleibt gesund und herzliche Grüße an Euch beide -

    Eva