Das Niederösterreichische Waldviertel

Ur- und Frühgeschichte im mystischen Silva Nortica

Ein wenig bekannter Fleck im Nordwesten Österreichs, wirtschaftlich schwache Grenzregion zum ehemaligen Ostblock und für manche ein beliebtes Sommerurlaubsziel - der sanfte Tourismus ist die große Zukunftshoffnung für eine der schönsten Regionen unseres Landes. Die diesjährige Exkursion behandelt aufgrund ihrer relativ kurzen Dauer nur den östlichen Teil des Waldviertels, im Speziellen das Kamptal, Pulkautal, Thayatal, das Horner Becken und das Schmidatal. Eine spezielle Exkursion in das obere Waldviertel ist für 2020 geplant.

 

Dass das Waldviertel unzählige archäologische Perlen versteckt, ist weithin unbekannt. Bereits in der Jungsteinzeit war das Horner Becken eine der dichtest besiedelten Gegenden des heutigen Österreichs. Sogar verhältnismäßig zahlreiche Spuren finden sich aus dem noch sehr wenig erforschten Mesolithikum und gerade aus der Altsteinzeit stammt ein erheblicher Teil aller Funde aus dem südlichen Waldviertel und der Wachau.

 

Besonders die Herzen von Mittelalterfans werden im Waldviertel höher schlagen - Siedlungen aus dem frühen Mittelalter und der Zeit des Landesausbaus im Hochmittelalter sind hier so gut und zahlreich erhalten, wie kaum woanders. Die enorme Dichte an Burgen, Schlössern und Ruinen sind Zeugnisse eines der spannendsten Abschnitte der österreichischen Geschichte.

 

Den Schwerpunkt der ersten beiden Exkursionstage setzen wir auf die prähistorische Besiedlung und die Zeit des Früh- und Hochmittelalters. Am dritten Tag widmen wir uns den Lebensumständen steinzeitlicher Bewohner. Experimentalarchäologe Dr. Eike Mahrdt wird uns in das steinzeitliche Handwerk einführen - all das in der idyllischen Kulisse des Freilichtmuseums in Elsarn.

 

Exkursionstermin: MO 29. April - MI 1. Mai 2019

Zusatztermin: FR 5. - SO 7. Juli 2019

 

Exkursionsbeitrag: 
Ab 4 Teilnehmern: € 350,-

Bei 5 Teilnehmern: € 280,-

Bei 6 Teilnehmern: € 230,-

Bei 8 Teilnehmern: € 175,-

 

 

Exkursionsleitung:

Klaus Schindl (Archäologe, Verein Erlebnis Archäologie)

Eike Mahrdt (Experimentalarchäologe, Lebendige Steinzeit)

 

Im Exkursionsbeitrag enthalten:

  • Programm wie unten angeführt (Wettertechnische Änderungen vorbehalten)
  • Workshop zu steinzeitlichen Techniken mit Eike Mahrdt inkl. aller benötigten Werkzeuge und Materialbeitrag im Wert von € 120,-

Nicht enthalten sind:

  • Transport (wir bilden Fahrgemeinschaften, die vom Verein organisiert werden. Bitte gib bei deiner Anmeldung an, ob du dein Fahrzeug dafür zur Verfügung stellen möchtest. Benzinkosten werden fair aufgeteilt)
  • Unterkunft (Gerne organisiert der Verein ein günstiges Quartier für dich. Es fallen zusätzlich Kosten von ca 30 € pro Nacht an)

Programm

Blick über das Kamptal von der Schanzwiese in Gars/Thunau.
Blick über das Kamptal von der Schanzwiese in Gars/Thunau.

Treffpunkt:

Am MO 29. April 2019 um 09:30 Uhr am Hauptplatz in Eggenburg, vor dem Eingang der Post (Grätzl 3, 3730 Eggenburg). Abholung vom Bahnhof Eggenburg möglich!

 

Nach der Begrüßung und dem Zusammenfinden aller TeilnehmerInnen nutzen wir die Gelegenheit und widmen uns kurz der Geschichte der Stadt Eggenburg, die für viele von uns Herberge für die nächsten zwei Nächte bieten wird.

Gegen 11:00 erreichen wir das Kamptal, das für die Besiedlung des Waldviertels von Süden und Westen die wichtigste Rolle gespielt hat. Erster Halt ist ein mesolithischer Fundplatz in Kamegg/Stallegg, der zu den wenigen gehört, an dem gegraben wurde, wenn auch nicht mit den heutigen, modernen Techniken.
In unmittelbarer Umgebung befindet sich eine Kreisgrabenanlage aus der mittleren Jungsteinzeit. Eine Vielzahl dieser Anlagen ist aus Niederösterreich bekannt, so auch aus dem Horner Becken und dem Kamptal. Besonderheit jener Kreisgrabenanlage aus Kamegg ist eine Bestattung eines Kindes mit Hydrocephalus - umgangssprachlich "Wasserkopf" - , das bei den Ausgrabungen freigelegt wurde.
Auch das Mittelalter ist in Kamegg gut vertreten mit zwei Ruinen, die neben Dutzenden anderen den Lauf des Kamps - den wichtigsten Verbindungsweg zur Donau - kontrollierten. Ganz versteckt und unerforscht, liegt an der höchsten Erhebung der Kampschlinge bei Kamegg eine ausgedehnte prähistorische Wallanlage, auf einer Flur, die den Namen Tabor trägt. Funde legen einen bronzezeitlichen Ursprung nahe. Die voranschreitende Uhrzeit und das Wetter werden bestimmen, welche dieser genannten Orte wir genauer erkunden können. 

Je nach Wetterlage halten wir die Mittagspause im Freien oder im nächsten Ort Gars am Kamp, der zugleich auch unsere nächste Besichtigungsstation ist.

Gegen 14 Uhr erreichen wir die Hochfläche nördlich der Ortschaft Gars am Kamp. Etwa zwei Stunden leichter Wanderung warten auf uns - wir besuchen die frühmittelalterliche Schanze und Siedlung von Gars/Thunau, die auf einer bronzezeitlichen Befestigungsanlage liegt und die letzten 41 Jahre ein wichtiges Forschungsprojekt der Universität Wien darstellte. Wir passieren dabei die Hauptburg - ein noch übermannshoch erhaltener Erdwall mit Toranlagen - ein mittelalterliches Gräberfeld, eine frühe Kirche, eine hochmittelalterliche Ruine und sogar die Reste slawischer Hügelgräber. Die Siedlung Gars/Thunau bildet gemeinsam mit dem quasi unerforschten "Brandwall" bei Messern, dem Burgstall Alteck, den wir am nächsten Tag besuchen und der Wüstung Sand die wichtigsten Fundstellen hinsichtlich frühmittelalterlicher Erschließung durch fränkische Siedler, slawische Bewohner, Landesausbau im Hochmittelalter und Zusammenstoß mit awarischen und später ungarischen Siedlern und Truppen.

Zum Abschluss des Tages besuchen wir am Heimweg Richtung Eggenburg noch die Niederungsburg von Sachsendorf, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Lage und den überraschenden Grabungsergebnissen eine Besonderheit in der österreichischen Burgengeschichte darstellt und deren Ursprung um die vorletzte Jahrtausendwende datiert wird.

 

Der gewaltige Holz-Erde-Wall vom Bugstall Alteck.
Der gewaltige Holz-Erde-Wall vom Bugstall Alteck.

Am zweiten Tag führen unsere Wege in den Norden des Waldviertels. Nach der Abfahrt um 09:00 Uhr begeben wir uns auf eine ca. 2 - 3 stündige Wanderung auf guten Forstwegen zum Burgstall Alteck am Rande der Hochebene westlich des Pulkautales.

Auf halbem Weg zur Spornfestung Alteck erwartet uns ein verstecktes Hügelgräberfeld, das nur durch geschulte Augen entdeckt werden kann. Eines dieser Gräber ist beim Anlegen des Forstweges angeschnitten und ausgegraben worden. Die Beigaben datieren in die Mittelbronzezeit. Ein Stück weiter erreichen wir den ersten Vorwall der Spornfestung, der möglicherweise eine Besiedlung vor der eigentlichen Burg schützen sollte, wobei hier noch keine genauen Aussagen getroffen werde können.
Beim eigentlichen Burgstall angekommen, baut sich vor uns eine gewaltige Wallanlage auf, die so steil aufragt, dass sie kaum erklommen werden kann. Diese Holz-Erde-Konstruktion schützt das innere dieser relativ kleinen Festung in Spornlage über dem schönen Pulkautal. Grabungen haben hier bisher keine stattgefunden. Unzählige Fragmente prähistorischer Keramik deuten darauf hin, dass dies der Zentralort war, dem auch das Hügelgräberfeld zugehörte. Zumindest im 8. Jhdt. n. Chr. gab es eine Wiederbesiedlung und Neuerrichtung der Verteidigungsanlagen, die deutliche Brandspuren aufweisen. Funde von spätawarischen Gürtelbeschlägen, eines Steigbügels, ungarischer Münzen und Pfeilspitzen des 8. - 10. Jhdts. machen diesen Ort für die Frühmittelalterforschung Niederösterreichs besonders bedeutend. Reste von Steingebäuden sind oberflächlich nicht erhalten, jedoch liegt gegenüber, am nächsten Sporn des Pulkautales, die Ruine Neudeck, was auf eine Zerstörung von Alteck (Anm. -eck oder -egg ist ein alter Begriff für Burg oder befestigter Ort) und einer Neugründung nebenan hindeutet - so wie es auch bei der Wüstung Sand und der Burg Raabs im Thayatal geschehen ist.

 

Nach dieser gemütlichen Wanderung haben wir uns eine stärkende Mittagspause verdient, die wir ein Stück weiter nördlich Richtung Thayatal abhalten werden. Hier finden wir auch ein umstrittenes Denkmal aus vergangenen Zeiten - den Heiligen Stein oberhalb von Mitterretzbach. Er ist einer von zumindest vier sogenannten Schalensteinen am Mannhartsberg. Das Alter der Steine ist umstritten, wobei ihre Datierung in die Bronzezeit nicht ungewöhnlich wäre. Viele Geschichten und noch viel mehr esoterisches Gespuk ranken sich um diesen Ort, der bis zur Zerstörung durch Joseph II. ein Wallfahrtsort war.

 

 

Wir befinden uns nun an der Thaya, die über weite Strecken die österreichisch-tschechische Grenze bildet. Der Manhartsberg bildet hier den Übergang und die Thaya knickt nördlich von Retzbach ab Richtung Znojmo. Nicht immer war hier eine starre Grenzlinie vorhanden, doch war der Fluss von großer Bedeutung für die Entstehung dessen, was wir heute unter Österreich verstehen. Dutzende kleine und große Burgen reihten sich hier einst ab dem 12. Jahrhundert auf, die kaum einen Steinwurf voneinander entfernt zu stehen scheinen. Wir beginnen unsere Reise zurück in das mittelalterliche Thayatal an der Ruine Kaja, zur wunderschönen Burg Hardegg bis hinüber nach Raabs, wo wir, je nach Uhrzeit und Müdigkeit aller TeilnehmerInnen, auch noch die Wüstung Sand besuchen können.

 

Der Dritte Tag führt uns zum Germanengehöft in Elsarn ins Strassertal, wo wir in schöner Kulisse des Freilichtmuseums den Tag mit dem Dendrowissenschaftler und Experimentalarchäologen Dr. Eike Mahrdt verbringen. Gemeinsam erlernen wir die Herstellung von Birkenpech. Dieses diente bereits in der Altsteinzeit als sehr starker Klebstoff, zB um Pfeilspitzen am Holzschaft zu erstellen. Auch das steht am Programm: Du machst deinen eigenen Pfeil, vom Schaft bis zur Steinspitz. Letzter Programmpunkt ist die Herstellung eines steinzeitlichen Messers, bestehend aus einer von dir behauenen Steinklinge, einem Griff aus Birkenrinde und natürlich dem Klebstoff, den wir noch zur Verfügung haben. Der Materialbeitrag für diesen Ganztageskurs ist bereits inbegriffen. Mehr Informationen zu Eike Mahrdt und seinen Kursen findest du hier: https://www.lebendigesteinzeit.at/
Veranstaltungsort ist das Freilichtmuseum Elsarn.